Ich coache bereits seit einiger Zeit agile Teams und Firmen bei der Einführung von SAFe, Kanban und Scrum um ihnen dabei zu helfen, bessere Produkte zu liefern.
Dabei stellt sich immer wieder die Frage, was ein gutes Team ausmacht. Die Methode ist nur ein kleiner Teil. Wie viele sicher schon gehört haben, geht es sehr stark um „psychological safety“ (https://hbr.org/2017/08/high-performing-teams-need-psychological-safety-heres-how-to-create-it) und wie wir als Personen im Team miteinander interagieren. Mein Kollege, der agile drill sergeantImage may be NSFW.
Clik here to view. ordnet dies zum “touchy-feely-stuff” der Rolle des Agile Coaches ein, wobei dies für mich eine der herausforderndsten zugleich aber auch bereicherndsten Aufgaben des Coachings ist.
In diesem Artikel möchte ich den Ablauf einer Retrospektive teilen, die dazu dient, Teamkultur systematisch zu adressieren. Dafür sollte man zumindest zwei Stunden reservieren.
Image may be NSFW.
Clik here to view.
>> Click here for the English-version
Schritt 1: “Value Stories”
In meinem spezifischen Team habe ich beim Team-Setup eine Liste an Werten definiert, die wir als Team leben wollen („Respekt“, „Pro-Aktiv sein“, etc.). Um dieser Liste auch einen Sinn zu verleihen, starte ich die Retrospektive damit, dass Team-Mitglieder zu den Werten Geschichten aus dem Team erzählen, die mit einem dieser Werte zu tun haben. Die anderen Team-Mitglieder können dann erraten, welcher Wert zu der Geschichte passt.
Der Effekt soll sein, dass das Team nicht mehr nur eine Liste von Werten an der Wand hängen hat, sondern versucht tatsächlich als Team die Werte zu leben.
Die Methode habe ich aus Management 3.0 Praktiken übernommen: https://management30.com/practice/value-stories/
Um die Werte initial zu definieren, hilft auch ein Management 3.0 Instrument, die sogenannte „big values list”. Dies ist eine gute Übung beim Team-Setup.
Schritt 2: Team strength factors
In diesem Schritt habe ich ein Stimmungsbild des Teams mittels eines Spider-Diagramms und fünf „team strength“-Faktoren erstellt: Vertrauen, Kommunikation, konstruktive Interaktion, Respekt, Optimismus und Alignment. Diese Herangehensweise habe ich aus dem Kurs “coaching agile teams” von und mit der wunderbaren Lyssa Adkins entnommen. Wer je die Chance hat, diesen Kurs mit Lyssa zu machen, sollte das auf keinen Fall verpassen.
Die Faktoren sind unterteilt in Produktivitäts- und Positivitäts-Faktoren. In diesem Fall war nur ein Produktivitäts-Faktor: Alignment (gemeinsame Mission, Vision) dabei, da ich mehr auf die Stimmung eingehen wollte. Es gab einige Konflikte im Team, daher wollte ich mit diesem Mittel versuchen, ein besseres Bild zu bekommen. Ich habe die Auswahl der Faktoren dem Team auch erklärt, da hier schlussendlich auch ein Bias des Coaches vorliegen kann.
Image may be NSFW.
Clik here to view.
Jetzt kann jedes Team-Mitglied pro Achse einen Punkt vergeben, sodass er seine persönliche Meinung zu den unterschiedlichen Faktoren sagen kann. Je weiter außen, desto höher ist der empfundene Faktor ausgeprägt, je weiter im Zentrum, desto niedriger.
Schlussendlich bekommt man so ein schönes Stimmungsbild, kann die Außengrenzen verbinden und versuchen, den Median zu verbinden. So entsteht dann das „Spinnennetz“.
Die Ergebnisse werden gemeinsam diskutiert. Hier sollte man sich ruhig Zeit lassen. Es gibt keine allgemeine Wahrheit, aber es ist wichtig, die unterschiedlichen Interpretationen zu hören und darüber nachzudenken. Als Coach darf man hier nicht den Fehler machen und mit einem erwarteten Ergebnis in die Abstimmung gehen. Man sollte immer neutral sein und daher das Team das Ergebnis auch interpretieren lassen.
In meinem Fall habe ich bei „konstruktiver Interaktion“ ein sehr uneindeutiges Bild erhalten. Daher wollte ich diesen Faktor noch detaillierter ansehen. Dafür habe ich „Force Field Analyse“ verwendet.
Schritt 3: Force field Analyse
Image may be NSFW.
Clik here to view.
Abb. force field Analyse des Faktors “konstruktive Interaktion”
Ich habe den Teilnehmern 10 Minuten Zeit geben, sodass jeder selbst darüber nachdenken kann, was positive und negative Einflussfaktoren sind.
Anschließend kann jeder selbst entscheiden, ob er seine Punkte teilen will oder nicht. Es geht hier nicht notwendigerweise um die Dokumentation, sondern darum, den Denkprozess anzustoßen. Es ist wichtig, den Team Mitgliedern die Zeit zu geben, über ihr eigenes Verhalten nachzudenken und zu reflektieren.
Wenn dann ein paar Punkte auf der + und – Seite gesammelt wurden, kann man hier noch diskutieren, welche Maßnahmen und Implikationen daraus für das Team abgeleitet werden können.
Schritt 4: Conflict model
In meiner konkreten Durchführung dieser Retrospektive hatten wir als positiven Einflussfaktor für konstruktive Interaktion den Punkt: “schwierige soziale und fachliche Themen ansprechen”. Dieser Punkt und auch die Konflikte der letzten Zeit haben mich spontan dazu gebracht, das Konflikt-Modell zu zeigen, das in der „Coaching Agile Teams“ Schulung präsentiert wurde.
Es wird selten wirklich überlegt, wie man im Team mit Konflikten umgeht, zumindest ist das meine Erfahrung. Diese Übung kann dabei helfen, ein sogenanntes „Conflict Protocol Agreement“ zu definieren. Wir haben das diesmal nicht gemacht, da ich eigentlich schon damit zufrieden war, dass sehr viel nachgedacht wurde und wir einige Beispiele diskutiert haben.
Es geht dabei darum Verhalten in 4 Quadranten einzuteilen: „aktiv konstruktiv“, „aktiv destruktiv“, „passiv konstruktiv“ und „passiv destruktiv“. Dieses Modell wurde ebenfalls in der „Coaching Agile Teams“ Schulung von Lyssa Adkins vorgestellt.
Clik here to view.

Abb. conflict dynamics model, source: http://agilecoachinginstitute.com
Wer genug Zeit hat, kann jetzt bei jedem Quadranten ein kleines Rollenspiel machen und dann in der Gruppe die Auswirkungen von dem Verhalten diskutieren. In meinem Fall haben wir gemeinsam die Quadranten besprochen und ich habe der Gruppe ein paar Beispiele aus meinen Erlebnissen mit dem Team erzählt, natürlich ohne zu konkret zu werden, damit es zu keinem Fingerzeigen kommt.
Für mich ist es immer besonders spannend, dass passiv destruktives Verhalten sehr deutlich zur Stimmung im Team beiträgt, auch wenn es nicht so „laut“ ist wie aktiv destruktiv.
Am Ende der Übung kann man wie gesagt noch versuchen ein Protokoll als Team zu definieren, wie man in Zukunft mit Konflikten umgehen will. Wir haben das nicht gemacht, da die Diskussion alleine schon sehr wertvoll war.
Abschließende Gedanken
Persönlich finde ich diese Art von Retrospektiven sehr fordernd, da ich nie genau weiß, wie das Team darauf reagieren wird. Dennoch, jedes mal wenn ich es dann wage, in die emotionale Sphäre des Teams vorzudringen, empfinde ich diese Retrospektiven als extrem bereichernd, sowohl für das Team, so hoffe ich, als auch für mich selbst als Coach. Habt den Mut und wagt euch in dieses Feld vor! Image may be NSFW.
Clik here to view.
The post Eine Retrospektive zur Teamkultur appeared first on ANECON Blog.
Jobs of Anecon Software Design und Beratung GmbH
Software Test Manager (m/w)Entwickler (m/w) für Automatisierungs-Frameworks Java/.NET bzw. SAP/ABAP
Architekt Testautomatisierung (m/w)
Software Test Berater (m/w)