Was ist das? Was geht dies den Tester an? – Sehr viel! „Was du nicht willst, dass man dir tu‘, das füg‘ auch keinem anderen zu.“ Diesen Spruch kennen wir alle von Kindesbeinen an und es gibt ihn wohl, so ist zu vermuten, in allen Sprachen. Es ist eine die Menschheit umgreifende Grundeinstellung: Behandle andere so, wie du selbst behandelt werden willst! Es hat dies schon vor ca. 2.000 Jahren ein gewisser Matthäus niedergeschrieben (und er war nicht der Einzige) – ist also nicht unbedingt neu. An Aktualität hat diese Geisteshaltung aber in all den Jahren kein bisschen eingebüßt. Vielleicht ist sogar das Gegenteil der Fall, und die Beschäftigung mit dieser Grundhaltung ist in der heutigen Zeit der sogenannten digitalen Revolution oder der Industrie 4.0 sogar noch eine Spur wichtiger (als vor der allumfassenden IT)?
Vor kurzer Zeit war in einem Artikel der österreichischen Tageszeitung Kurier von der Forderung nach einem Ethikrat für die digitale Revolution zu lesen.
„Wir müssen uns auf professioneller Ebene damit beschäftigen, wenn wir sicherstellen wollen, dass die Vorteile der Entwicklungen [Anm.: der Digitalen Revolution] genutzt und gleichzeitig die möglichen Nachteile reglementiert werden können. Nicht alles, was machbar ist, muss bzw. soll gemacht werden.“
Ich bin also offensichtlich nicht der Einzige, der sich mit dem Thema beschäftigt – glücklicherweise! Anders gesagt: Die Zeit ist reif für eine intensive Beschäftigung mit der Verantwortung, die man als IT-Angestellter (egal ob Entwickler, Architekt oder Tester) anderen gegenüber hat.
Zum Thema beim German Testing Day 2018
In meinem Vortrag mit dem Titel „Was geht uns Soziale Verantwortung an? Viel mehr als wir denken!“, den ich am 08.06.2018 in Frankfurt im Rahmen des German Testing Day 2018 halten werde, versuche ich, mich dem Thema der Ethik vonseiten des Softwaretests zu nähern. Eigentlicher Auslöser für die Beschäftigung mit dieser Thematik war ein Beitrag bei der EUROSTAR-Konferenz 2017. Eine Tester-Kollegin erläuterte uns, warum sie „ihren Herzschrittmacher gehackt“ hat: es gab eine unerwartet hohe Zahl an nicht ausreichend dokumentierten Features, und auch Fehlverhalten. Für mich lieferte das den Anstoß zu fragen: Was, wenn wir im Test auf solche Dinge stoßen? Was ist zu unternehmen, wenn wir beispielsweise in einen Konflikt mit dem AG geraten, weil wir etwas beleuchten und auf Probleme stoßen, die man weitestgehend als „unethisch“ bezeichnen muss?
Ich bin seit vielen Jahren, neben meiner normalen Tätigkeit als Testmanager, auch Trainer im ISTQB-Umfeld und somit damit beauftragt, unter anderem das Thema Ethik vorzutragen. Im Lehrplan für die ISTQB-Zertifizierung zum Softwaretest-Spezialisten ist für das Thema „Ethik“ ein Vortrag von 10 Minuten vorgesehen (ISTQB Certified Tester – Foundation Level, Kapitel 1.6.) – das ist nicht viel und kann durchaus länger dauern, wenn man als Trainer ein bisschen nachfragt:
- erster Bullet Point ÖFFENTLICHKEIT:
„Das Verhalten zertifizierter Softwaretester soll nicht im Widerspruch zum öffentlichen Interesse stehen.“
Dieser Punkt wird in der Regel als klar bzw. verständlich empfunden – bis man nachfragt, was den genau „öffentliches Interesse“ sei. Meist beginnt jetzt eine interessante Diskussion und die Teilnehmer merken an sich selbst: es gibt keine eindeutige oder allumfassende Definition.
- Zweiter Bullet Point KUNDE UND ARBEITGEBER:
„Das Verhalten zertifizierter Softwaretester soll den Interessen ihrer Kunden und Arbeitgeber entsprechen und dabei nicht im Widerspruch zum öffentlichen Interesse stehen.“
Auch hier verbirgt sich so Einiges, denn die Inhalte der zwei Satzteile sind – für sich genommen – ebenfalls klar. Nimmt man nun in der Diskussion als gegeben an, dass man (als Tester)[1] die Interessen des Kunden bzw. Arbeitgeber kennt und auch geklärt hat, was das öffentliche Interesse ist, so wird es genau dann interessant, wenn man (als Tester) sehr wohl im Widerspruch gefangen ist! Was tun, wenn man (als Tester) im Interesse des Kunden aber nicht im Interesse der Öffentlichkeit agiert (oder umgekehrt)?
Anstoß zum Nach- und Umdenken
Es ist nun nicht Ziel dieses Blog-Artikels, auf jeden einzelnen der acht angeführten Punkte des ISTQB-FL-Lehrplans einzugehen, sondern auf das Thema an sich, auf das darin schlummernde Potential aufmerksam zu machen. Mein Vortrag beim German Testing Day 2018 will nicht belehren, sondern die Aufmerksamkeit auf ein mangelhaft beleuchtetes Thema lenken – mit dem Ziel, das eine oder andere Nach- und Umdenken (in Projekten) zu bewirken. Ich will auf das Thema aufmerksam machen, da wir alle eine Verantwortung der Gesellschaft gegenüber haben – und Tester eben besonders. Die Grundüberlegungen hinter meinem Vortrag sind:
- „Soziale Verantwortung“ (des Einzelnen aber auch von Unternehmungen), also die Verantwortung dem uns umgebenden sozialen System gegenüber, umfasst als Begriff das Thema Moral & Ethik, also das Leben in Normensystemen die das Miteinander bestimmen.
- Spezialisten aus dem Umfeld der Qualitätssicherung haben einen besonderen (weil spezielleren!) Einblick in die „Untiefen“ der uns alltäglich umgebenden Software, die laufend komplexer, vernetzter, allumfassender und das Leben bestimmender wird [2].
- Daraus ergeben sich vielfach besondere Herausforderungen, nämlich genau dann, wenn man auf Fehlerzustände stößt, die – so sie wirksam würden – im Extremfall Menschenleben kosten könnten.
- Diese Herausforderungen betreffen den Software-Test-Spezialisten einerseits, aber auch die die zugehörigen Unternehmen bzw. Auftraggeber.
In meinem Vortrag widme ich mich der Frage, ob man dem sozialen Umfeld gegenüber als Individuum überhaupt an eine ethische Norm gebunden ist und – wenn ja – wie sich das zeigt. Ich bringe Beispiele aus dem Tester-Alltag für mögliche Situationen, wo das persönliche Handeln und auch Gegen-den-Strom-Schwimmen notwendig wird (zB. Datenmissbrauch, Security-Leaks, Gefährdung von Menschenleben). Ich versuche, den Konflikt zu beleuchten, in den man als Tester kommen kann – und zeige mögliche Hilfestellungen auf, zum Beispiel ein Sicherheit gebendes Arbeitsumfeld!
Sind Sie auch am German Testing Day in Frankfurt? Schauen Sie bei meinem Vortrag und beim Nagarro Booth vorbei – ich freue mich auf einen persönlichen Austausch!
[1] Die Klammer-Setzung ist bewusst gewählt, denn eigentlich betrifft dies alle Beteiligten.
[2] Siehe dazu auch die Präambel des „Software Engineering Code of Ethics“ (Link): Computer spielen eine zentrale und wachsende Rolle in Handel, Industrie, Regierung, Medizin, Bildung, Unterhaltung und Gesellschaft. Software-Ingenieure sind diejenigen, die durch direkte Teilnahme oder durch Lehre zur Analyse, Spezifikation, Konstruktion, Entwicklung, Zertifizierung, Wartung und Prüfung von Softwaresystemen beitragen. Aufgrund ihrer Rolle bei der Entwicklung von Softwaresystemen haben Software-Ingenieure erhebliche Möglichkeiten, Gutes zu tun oder Schaden anzurichten, andere zu befähigen, Gutes zu tun oder Schaden anzurichten… usw.
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